Rede im Bundestag Karin Prien: Wir brauchen einen modernen, wirksamen Staat

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,

wenn wir heute über den Haushalt 2026 sprechen, dann sprechen wir nicht nur über Zahlen, sondern auch über den Gestaltungsanspruch unserer Politik, der jetzt zunehmend sichtbar wird.

Die Gleichung: Mehr Geld bedeutet mehr Fortschritt entspricht weder der Haushaltslage noch unserem politischen Gestaltungsanspruch.

Jede Einzelmaßnahme mit wachsenden Ausgaben zu versehen, löst keine Probleme, es überdeckt sie.

Wir brauchen ein Umdenken. Wir brauchen einen modernen, einen wirksamen Staat.

Gute Politik bemisst sich nicht allein an der Höhe der Ausgaben, sondern daran, dass wir die richtigen Schwerpunkte setzen und Strukturen wirksam gestalten.

Nur so entstehen politische Lösungen, die nicht nur auf dem Papier gut klingen, sondern im Alltag der Bürgerinnen und Bürger wirksam und erfahrbar werden.

Meine Damen und Herren, mit einem Volumen von 14,719 Milliarden Euro - ohne den Bereich Bildung - wächst der Einzelplan 17 gegenüber dem Vorjahr um rund eine halbe Milliarde Euro. Diese Zahl sagt aber noch gar nichts aus.

Entscheidend ist nicht die Höhe des Haushalts. Entscheidend ist, wie wir die Mittel einsetzen und die Strukturen dahinter verbessern.

Lassen Sie mich das an ausgewählten Beispielen verdeutlichen.

Unsere Prioritäten sind klar: Bildungsgerechtigkeit verwirklichen, Familien über die Generationen hinweg stärken und unsere Demokratie resilienter machen. Dazu werden wir in 2026 Reformvorschläge vorlegen.

Das Elterngeld bleibt die wichtigste gesetzliche Leistung meines Hauses. Für 2026 sind hierfür rund 7,5 Milliarden Euro veranschlagt.  

Wir werden das Elterngeld partnerschaftlicher zwischen beiden Eltern aufteilen, vereinfachen und weiter digitalisieren. Und wir wollen beim Elterngeld und beim Mutterschutz die besonderen Belange von selbstständigen Erwerbstätigen in den Blick nehmen.

Mit dem Unterhaltsvorschuss sichern wir Kindern von Alleinerziehenden eine verlässliche Unterstützung, da wo der andere Elternteil sich seiner Unterhaltspflicht entzieht. Dafür stehen auf hohem Niveau 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Aber auch hier geht es nicht allein um das Geld, sondern um die Frage: Wie wollen wir erreichen, dass säumige Eltern - in der ersten Linie Väter - ihren Unterhaltspflichten stärker nachkommen?

Gemeinsam mit den Ländern, die für den Vollzug des Unterhaltsvorschussgesetzes zuständig sind, arbeiten wir daran und ich danke den Länderkollegen ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit.

Auch für unsere vielfältigen Programme in den Bereichen der Familien und der Bürgergesellschaft, gilt: Wir geben nicht einfach nur mehr Geld, sondern wir setzen gezielt Schwerpunkte, wir schauen auf die Wirksamkeit und reformieren Strukturen dort, wo es notwendig ist. 

Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass wir in allen Politikbereichen Jungs und junge Männer besonders in den Blick nehmen. Jungs dürfen nicht zu den Verlierern dieser Gesellschaft werden. Außerdem werden wir unseren Fokus verstärkt auf die digitale Welt und den ländlichen Raum richten.

Besonders freue ich mich über einen deutlichen Aufwuchs bei den Freiwilligendiensten und dem Bundesfreiwilligendienst. Insgesamt werden sie mit 314 Millionen Euro unterstützt. Wir schaffen damit bis zu 5000 neue Plätze. Das ist ein wichtiges Zeichen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für mehr Begegnungen über Generationen und gesellschaftliche Gruppen hinweg.

Es ist auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Gesamtkonzept zur Stärkung der Resilienz- und Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Daran arbeiten wir.  

Sehr geehrte Abgeordnete, heute beraten wir den Einzelplan 17 des Familienministeriums. Ich freue mich aber, an dieser Stelle verkünden zu können, dass es uns in einem guten Miteinander mit dem Bundesministerium für Forschung, Technik und Raumfahrt gelungen ist, die Verwaltungsvereinbarung zu finalisieren. Morgen werden wir sie unterzeichnen, zum 1. November tritt sie in Kraft. Die Beschäftigten, die ins Bundesbildungs- und -familienministerium wechseln haben jetzt Sicherheit und wir alle freuen uns, gemeinsam loszulegen.

Deshalb spreche ich heute auch über Bildung, wenngleich der Bildungsetat noch nicht enthalten ist, sondern erst in der Bereinigungssitzung dazukommt.

Ein Schwerpunkt ist die Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung. Sie wird 2026 mit 388 Millionen Euro unterstützt. Außerdem fördern wir die berufliche Fort- und Weiterbildung mit 876 Millionen Euro im Jahr 2026. 

Ich bin froh, dass die Bundesregierung mit diesem Haushalt ein deutliches Zeichen für die Aufwertung der beruflichen Bildung setzen.

Denn die berufliche Bildung ist ein gesellschaftliches und individuelles Aufstiegsversprechen.  

Ich verbinde damit heute aber auch einen Aufruf an Sie alle! Es geht um die gesellschaftliche Wertschätzung. Wir müssen aktiv für die Berufsausbildung - die duale und die vollschulische - werben, junge Menschen für die vielfältigen Chancen begeistern und zugleich Betriebe, allgemein- und berufsbildenden Schulen und Kammern stärker vernetzen. Nur so stellen wir sicher, dass dieses international anerkannte aber in Deutschland oft unterschätzte Erfolgsmodell auch in Zukunft seine volle Wirkung entfalten kann - für jede einzelne Person und für unsere gesamte Gesellschaft.

Gerechte Bildungschancen sind die Antwort auf so viele Fragen der Zukunft. Deshalb investieren wir 2026 und in den Folgejahren für bessere Bildung von Beginn an:

  • Mit dem KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz sichern wir die Qualität der frühkindlichen Bildung und bauen die Betreuungsinfrastruktur aus.
  • Mit dem Startchancen-Programm unterstützen wir bis zu 4000 Schulen in herausfordernden Lagen und sorgen für mehr Bildungsgerechtigkeit in unserem Land.
  • Mit einem qualitativ hochwertigen Ganztagsangebot verbessern wir die Chancen für mehr Bildungsgerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  • Und mit dem Digitalpakt 2.0 schaffen wir dank des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität die digitale Ausstattung, die Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulen für die Anforderungen der Zukunft brauchen.

 

Gemeinsam mit den Ländern arbeite ich daran, konkrete Ziele für unser Bildungssystem zu verabschieden,

Meine Damen und Herren, mir persönlich ist eine Evaluationskultur seht wichtig. Das gilt auch für unser Ministerium!

Wir werden prüfen, ob unsere Maßnahmen wirklich das bringen, was sie versprechen - oder ob wir nachsteuern müssen. Das gilt auch für die Programme der Bundesregierung zum Schutz unserer Demokratie. Dass wir unsere Demokratie schützen müssen vor Extremisten jeglicher Couleur, steht außer Frage. 

Eine resiliente Gesellschaft braucht eine resiliente Demokratie!

Was "Demokratie leben!" betrifft, haben wir uns im Koalitionsvertrag einen klar formulierten Auftrag gegeben. Und der wird gerade erfüllt. Wir evaluieren das Programm sorgfältig - und passen an, wo es notwendig ist. Mit Maß und Mitte. Das gilt auch hier.

Ich stehe dabei - das möchte ich an dieser Stelle einmal ganz ausdrücklich betonen - hinter jeder einzelnen Mitarbeiterin und hinter jedem einzelnen Mitarbeiter meines Ministeriums und verurteile öffentliche Diffamierungen. Das Berufsbeamtentum ist eine stabile Säule unserer Demokratie. Für die politischen Entscheidungen trage ich die Verantwortung.  

Politik und auch Medien müssen Vorbilder sein, für ein faires Miteinander - und daran sollten wir uns immer messen lassen.

Wenn wir unsere Werte leben, wenn wir Vertrauen stärken und gemeinsam handeln, dann wird Demokratie nicht nur geschützt - sie wird jeden Tag neu erfahrbar, lebendig und stark.

Das ist es, wofür wir arbeiten - und wofür wir weiterhin mit aller Kraft eintreten werden.